Bibliothek des Konservatismus: Büchersuche ganz rechts

Der extrem rechte Vernetzungsort ist in den Biblio­theks­­verbund aufgenommen worden. Die Bestände werden zugänglicher. Der Senat sieht kein Problem.

Alte Bücher stehen im Regal, darunter eines über Bismarck

Alte Bücher und alte Helden Foto: dpa

BERLIN taz | Studierende, die nach Literatur suchen, tun das in der Regel über den Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV). In einem Register sind dort die Bestände von etwa 600 Bibliotheken gelistet. Wie bislang nicht öffentlich bekannt war, können Studierende dabei inzwischen auch auf die Bestände der extrem rechten Bibliothek des Konservatismus (BdK) verwiesen werden. Das geht aus Antworten des Senats auf zwei Anfragen der Grünen-Abgeordneten Ario Mirzaie und Laura Neugebauer hervor, die der taz exklusiv vorliegen.

Demnach ist die Bibliothek in der Charlottenburger Fasanenstraße – ein zentraler Vernetzungsort der extremen Rechten – seit vergangenem September Mitglied des KOBV, sieben Jahre nach ihrem Aufnahmeantrag. In ihrem Rundschreiben feierte sie die Aufnahme: „Damit wird die BdK für Studenten in Berlin und Brandenburg auch in ihrem universitären Alltag sichtbar und ermöglicht auf diesem Wege einen ersten Zugang zur Sache des Konservatismus und zur BdK als Institution.“

Ario Mirzaie kritisiert die Bibliothek als „eine rechtsextreme Kaderschmiede mit akademischem Anstrich“. Dass nun Studierende auch durch einen direkten Link auf deren Bestand gelenkt werden, sei „erschreckend“. Dadurch würden „rassistische, antifeministische und nationalistische Positionen normalisiert und jungen Menschen sowie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht“, so Mirzaie.

Treffpunkt der Szene

Die Bibliothek, deren Träger die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung ist, der auch das Gebäude gehört, feierte 2022 ihr 10-jähriges Bestehen. Zu den Gästen gehörten etwa Thilo Sarrazin und der Jurist Ulrich Vosgerau, Teilnehmer des Potsdamer Geheimtreffens zu Deportationsplänen.

Regelmäßig finden Vorträge mit Szenegrößen statt, ob von der Identitären Bewegung oder der AfD. Schwerpunkt des Bestandes von etwa 30.000 Büchern sind Werke, die der Denkschule der „konservativen Revolution“, einer antidemokratischen Strömung der Weimarer Republik, zugeordnet werden können. Aber auch Literatur der fundamental-christlichen „Lebensschützer“-Bewegung ist dort zu finden, genauso wie das neueste Compact-Magazin.

Der Berliner Senat sieht kein Problem: Die Einschätzung, dass es sich bei der Aufnahme der Bibliothek „um eine Normalisierung der Positionen der Neuen Rechten und weiterer rechtsextremer Ideologien handelt, teilt der Senat nicht“. Eine Normalisierung rechtsex­tremer Positionen erfolge „im politischen bzw. gesellschaftlichen Diskurs“.

Die Bibliothek hatte 2022 vor dem Verwaltungsgericht auf Aufnahme in den Verbund geklagt; da dieser aufgrund veränderter Steuergesetzgebung ein Moratorium für die Aufnahme privatrechtlicher Bibliotheken verhängt hatte. Befürchtet wurde, dass durch die Aufnahme privater Bibliotheken auch alle öffentlichen zusätzlich zur Mitgliedsgebühr eine Mehrwertsteuer zu entrichten hätten.

Das Moratorium war im April vergangenen Jahres aufgehoben worden. Eine Aufnahme der BdK sei dann, so der Senat, „aus rein formalen, juristisch bedingten Gründen“ erfolgt. Eine „separate Beschlussfassung“ habe es nicht gegeben, Rechtsextremismus-Ex­per­t:in­nen wurden nicht befragt.

Mirzaie spricht von einer „unterschätzten Gefahr“. Demnach sei der Verweis auf rein formale Aufnahmekriterien „in Zeiten der wachsenden Bedrohung durch Rechtsextreme naiv und unzeitgemäß“. Institutionen wie der KOBV „müssen sich vor Verfassungsfeinden schützen, die Aufnahmekriterien gehören auf den Prüfstand“, so Mirzaie.

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